Queer Feminist Sensoria QFS. Ursina Tossi
Queer Feminist Sensoria – kurz QFS bezeichnet meine Arbeits- und Inszenierungsweise, die Access als ästhetisch-künstlerisches Mittel mit Schwerpunkt Audio Deskription für Publikum und Performer*innen mit und ohne Beeinträchtigungen untersucht. Hierzu gehört die Kritik an der Dominanz visueller Kultur und die Infragestellung von neoliberalen Körperidealen, die männlich, gesund, weiß und produktiv sind (Ableismus), aber auch der Fokus auf die Politisierung, die Tanz aus queer-feministischer Perspektive, besonders hinsichtlich seiner multisensorischen Eigenschaften, haben kann. Mich interessieren intersektionale Strategien, Wissen zu sammeln und zu teilen, Tools zu entwickeln und Vermittlungs- und Aufführungsformate zu konzipieren. Interesse an Austausch? Kontaktiere mich unter: ursinatossi@posteo.de
Meine Arbeit als Choreografin & Tänzerin verbindet Tanz und politischen Diskurs mit intensiver Körperlichkeit und bewegt sich zwischen NRW, Hamburg, Berlin, München und seit 2020 international. Meine Stücke entstehen aus queer-feministischer Position. Die Ästhetiken sind inspiriert von Popkultur, Science Fiction, Spielfilmen, dem Horror-Genre und der Malerei. Ich befasse mich mit fiktiven, historischen und mythologischen Quellen und hinterfrage Konzepte von Gender, Spezies, Technologie und Körper. Mit Margarita Tsomou arbeite ich an einer Reihe von Stücken unter dem Titel EXCESSIVE SHOWING – You can only dismantle the master’s house with the monster’s tools! In Koproduktion mit Kampnagel und der Tanzfaktur Köln habe ich BARE BODIES 2017, BLUE MOON 2018, WITCHES 2019, REVENANTS 2020 produziert und werde fux 2021 – ein Stück für junges Publikum mit und ohne Sehbeeinträchtigungen und COSMICBODIES 2022 – alienbodies and extreme othering mit Audiodeskription als künstlerischem Tool zeigen. Ich habe in Ludwigshafen und Mannheim klassisches Ballett, zeitgenössischen Tanz, Politik und Philosophie studiert und 2014 den MA of Choreography an der ArtEZ Arnhem erhalten. Ich hatte das DanceWeb-Stipendium beim Impuls Dance Festival und die 8-monatige Residenz bei K3 / Choreografisches Zentrum Hamburg 2012. 2021 erhielt ich die Strukturförderung Diehl & Ritter Tanzpakt Reconnect, 2021 die 3-Jahres-Förderung vom Fonds DaKu.
Was ist Audio Deskription?
Audio Deskription – kurz AD – ist eine verbale Beschreibung von visuellen Bildern, Bewegungen, Situationen und Objekten, die einem Publikum mit visuellen Einschränkungen und Blindheit ermöglicht, eigene Erfahrung mit Tanz, Theater und bildender Kunst zu machen. AD als künstlerisches Mittel löst sich in meiner Anwendung vom „neutralen Beschreiben“ und vom „Service“ in eine Erweiterung des Tanzerlebnisses auf. Die Stimmen und Beschreibungen folgen dem Geschehen, sagen es manchmal voraus, interpretieren es, gestalten es, fantasieren und beschreiben sich selbst und andere. Momente von Verletzlichkeit, machtvolle Momente und Irritationen sind Teil dieses Prozesses. Seit 2019 arbeite ich mit AD in Erna Omarsdottirs / Halla Olafsdottirs Romeo & Julia, Rykena & Juengsts / She Legend und Rose la Rose sowie in meinen Produktionen WITCHES, REVENANTS und Vermittlungsformaten, die ich NOMADIC DANCE SPACE nenne.
„What we admire the most – now destroys us. What we consider inferior – could save our lives!“ WITCHES/Ursina Tossi
Die Verwandlung des Blicks in ein multisensorisches Ereignis und Audio Deskription als künstlerisches Tool ermöglichen es, Zuschreibungen zu reflektieren, Access voranzubringen, Kompliz*in zu werden, Empathie und alle sinnlichen Erfahrungen zu politischen Aktionen werden zu lassen.
Audio Deskription kann für nicht-sehendes und sehendes Publikum eine Vermittlungsebene haben, die neues erschließt und Tanz näher bringt, sogar körperlicher werden läßt. Sie kann – so behaupte ich – künstlerische Eigenständigkeit erreichen. Ich möchte die somatischen wie auch digitalen und technischen Mittel und die künstlerische Zusammenarbeit im Prozess, die dies ermöglicht, erforschen. Die Zusammenarbeit mit Künstler*innen, die mit Beeinträchtigungen und Behinderungen leben ist hierbei essentiell.