“Tanz mit Maria”. Mareile Gnep

“Tanz mit Maria” ist der Titel meiner tänzerischen Recherche zu weiblichen Rollenbildern in der Kirche sowie der Funktion, die Scham in der christlichen Sozialisierung von Frauen* einnimmt.

Das Gefühl Scham beschäftigt mich als Künstlerin schon seit mehreren Jahren. Was genau ist Scham eigentlich? Wo fühlt man sie im Körper und kann man sie tänzerisch darstellen?
In meiner Recherche “Tanz mit Maria” habe ich mich besonders der kirchlich auferlegten Scham gewidmet. Ich bin selber christlich sozialisiert und habe mich gefragt, inwieweit das mich, mein Bewegungsvokabular und meine physische Ausdrucksweise geprägt hat.
Arbeiten die christlichen Attribute, die speziell Frauen beigebracht und auferlegt werden, mit Beschämung? Wirkt sich das auf den Körper, die Körperhaltung und den Raum aus, den wir einnehmen?
Welche Rolle spielt Tanz eigentlich in der christlichen Kirche in Deutschland und wie kann er genutzt werden, um sichere Räume für eine Auseinandersetzung mit diesen Themen zu gestalten?

Diesen Fragen bin ich über die letzten fünf Monate sowohl praktisch als auch theoretisch nachgegangen. Um nicht nur auf meine persönlichen Erfahrungen zurückzugreifen, habe ich zusätzlich mit Vertreter*innen und Mitgliedern der verschiedenen Konfessionen Interviews zu Scham und Tanz in der Kirche geführt.

Trotz dieser intensiven Auseinandersetzung ist es schwer, eine eindeutige Antwort auf die Fragen zu finden. Die christliche Kirche in Deutschland ist diverser geworden und so sind auch meine Erkenntnisse aus der Recherche, den Gesprächen und aus der physischen Exploration vielseitig und facettenreich.

Sowohl in der tänzerischen als auch der theoretischen Auseinandersetzung sind mir Würde, Anmut, Demut, Nachsicht, Kraft und Empathie begegnet. Aber auch auferlegtes Schweigen, Kleinmachen, Wertlosigkeit, Schwäche, Dienen und – immer wieder- Beschämung.
Ganz egal, mit wem ich gesprochen habe und welches Projekt ich mir angesehen habe:

In irgendeiner Weise waren die Unterdrückung von Frauen*, Sexismus und Beschämung immer und überall ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Kirche und die Leben der Menschen gezogen hat, mit denen ich mich auseinandergesetzt habe.

“Tanz mit Maria” hat es mir ermöglicht, viele wertvolle Erkenntnisse, neue Perspektiven und tänzerische Einsichten zu gewinnen. Sowohl für mich persönlich als auch auf künstlerischer und gesellschafts-politischer Ebene. Ich freue mich darauf, diese in zukünftigen Projekten einzubringen und in künstlerisch-performativen als auch in erlebnisorientierten Formaten umzusetzen.

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