Die Archivierung von tänzerischen, körperlichen und künstlerischen Prozessen. Silke Schuster
Der Anspruch meines Vorhabens war es, den Moment des Stillstehens zu nutzen, um meine tänzerischen, körperlichen und künstlerischen Entwicklungen in einem abstrakt gedachten Archiv zusammenzutragen. Das Archiv wurde dabei als eine Kartografie – in Anlehnung an Rosi Braidotti’s Theorie „Posthuman, All Too Human? A Cultural Political Cartography“ – gedacht. Braidotti plädiert für eine nicht-lineare und nicht-hierarchische Festschreibung und Erfassung von vergangen und gegenwärtigen Zuständen.
Ausgehend von dem oben erwähnten theoretischen Anspruch und dem zu kartografierenden Material (einzelne Notizbücher welche handschriftlich verfasst, mit anatomischen Skizzen; sowie digitale Fotos, Video- und Audioaufnahmen, unsortiert und verteilt auf verschiedenen Festplatten und Laptops), wurde das Vorhaben begonnen. In einer „ersten Phase“ habe ich das digitale Material gesichtet und assoziativ nach Projekten und Themenbereichen sortiert.
In einer „zweiten Phase“ habe ich mich dem haptischen Material, den Notizbüchern, die während meiner Tanzausbildung bei der Entstehung und Erarbeitung von verschiedener Projekte ein stetiger Begleiter waren bzw. sind, gewidmet. Mir war es zunächst wichtig, das Bestehende wieder zu entdecken und zu beobachten welche Gedanken und Ideen aufgeschrieben wurden und welche Bedeutung diese für mich sowohl persönlich als auch künstlerisch bergen. Im Zusammenhang mit dieser Sichtung, begann ich einzelne Textfragmente, die für mich auch heute noch von wichtiger Bedeutung scheinen, heraus zuschreiben. Den selben Prozess verfolgte ich auch im Bezug auf selbstgezeichnete Skizzen, welche später digitalisiert wurden.
In einem „dritten und finalen Schritt“ entschloss ich mich dazu, im Sinne von Rosi Braidotti’s Kartografie, dem digitalen Archiv eine reale Erweiterung hinzuzufügen. Und zwar in Form eines Katalogs, indem die Textfragmente, die gescannten Skizzen und Fotografien die für mich als Platzhalter für bestimmte Zeiten, Momente oder Erlebnisse stehen, neu zueinander in Verbindung gesetzt wurden.
Dieses fragmentierte Zusammentragen sollte es erlauben, sowohl für mich als auch für andere, dass gewisse Bilder, Skizzen oder Textfragmente auf verschiedenste Art und Weise gelesen und zusammen gedacht werden können. Sozusagen ein assoziativer Raum bzw. ein lebendiges Archiv, welches nicht versucht Dinge festzuschreiben, sondern vielmehr versucht neue Zusammenhänge herzustellen, diese neu zu verstehen und weiterzudenken.